Nach der mittlerweile sechsten Spielverlegung noch vor der Austragung des siebten Saisonspiels des SSV Reutlingen sehen wir uns gezwungen uns ausführlicher zu Wort zu melden. Für uns ist dieser Status Quo nicht mehr tragbar! Unter den gegebenen Voraussetzungen waren wir nicht gewillt das Auswärtsspiel des SSV Reutlingen in Pforzheim zu besuchen, auch wenn wir das sehr gerne getan hätten. Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, da die ständige Unterstützung unseres Vereins immer und überall die Existenzgrundlage unserer Gruppe darstellt. Somit ist ein Spielboykott für uns immer der letzte mögliche Schritt. In diesem Fall haben wir ihn leider als unumgänglich angesehen. Wir wollen mit unserer Anwesenheit nicht den Verantwortlichen auch noch Geld in die Kasse spülen und den Sicherheitsbehörden eine Rechtfertigung für ihren groß angelegten Einsatz liefern. Am ursprünglich angesetzten Termin hätten sich Beteiligen alle über einen entspannten Fußballnachmittag mit ausgelassener Stimmung gefreut. Die Schuld dafür trägt jedoch explizit nicht der Verein Kickers Pforzheim.
Wir maßen uns sicher nicht die Kompetenz einer vollendeten Spieltagsterminierung an, kritisieren jedoch in aller Deutlichkeit wie der WFV sehenden Auges ein immer noch größeres und undurchsichtigeres Chaos produziert. Wir fordern den SSV Reutlingen dazu auf sich als Verein noch deutlicher gegen diese ständigen Spielverlegung zu stellen.
Der Anfang einer unendlichen Geschichte
Begonnen hat die unrühmliche Laufbahn der ständigen Spielverlegungen und spontaner Ortswechsel aufgrund von Sicherheitsbedenken im vergangenen Jahr beim SV Spielberg. Aufgrund der Tatsache, dass sowohl der VfB Stuttgart als auch der Karlsruher SC zum ursprünglichen Termin spielfrei hatten, sah sich der Verband gezwungen, das Spiel einen Tag vor der eigentlichen Austragung abzusagen. In der Presse war von einer „Kapitulation vor den Hooligans“ (GEA, 28.2.2014) die Rede. In diesem Jahr wiederholte sich die ganze Farce auf nahezu gleiche Art und Weise. Obwohl bereits vor Rundenstart klar war, dass dieses Spiel auf ein Länderspielwochenende – und damit die Profimannschaften spielfrei haben – fallen würde, wurde das Spiel erst in der Woche vor dem eigentlichen Termin abgesagt und auf den 24.9.2014 verlegt. Begründung war, wie schon im letzten Jahr, die Angst vor geplanten Auseinandersetzungen von Stuttgarter und Karlsruher Fans in Spielberg. Als bekannt wurde, dass die aktive Fanszene des Karlsruher SC das Spiel ihres Vereins in Leipzig an eben jenem 24.9. wegen einer Protestaktion gegen den Sponsor RedBull nicht besuchen würde, war abzusehen, dass wir mit einer erneuten Verlegung rechnen mussten.
Die verfehlte Informationspolitik des WFV
Schließlich wurde auch die Partie des SSV Reutlingen gegen die Kickers Pforzheim von Sonntag, den 21.9.2014, auf den 13.12.2014 verlegt, so war es zumindest auf der Homepage des SSV zu lesen. Grund für die Absage waren wieder einmal große „Sicherheitsbedenken“. Gar von „zu befürchteten Anschlägen von verfeindeten Karlsruher Fans“ war zu lesen (GEA, 19.9.2014), obwohl der KSC am genannten Datum eigentlich ein Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg hatte. Kurioserweise gingen die Pforzheimer Medien schon zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass das Spiel am 2.10.2014 stattfinden würde. Die beiden unterschiedlichen Angaben sind beispielhaft für die Informationspolitik seitens des Württembergischen Fußballverbands. Dieser hatte in Absprache mit dem SSV Reutlingen und dem VfR Aalen II das Spiel der beiden Teams für den 1.10.2014 angesetzt. Erneut wurden alle Termine verschoben. Das fast schon wieder in Vergessenheit geratene Spiel gegen den SV Spielberg blieb auf 13.12.2014 angesetzt, das Heimrecht wurde bereits vorher an den SSV Reutlingen abgegeben. Das Spiel gegen Aalen II soll nun am 21.10.2014 stattfinden. Selbst innerhalb dieser vom WFV und den Sicherheitsbehörden entfachten Hysterie ist für uns keine Logik erkennbar. Die unheilvoll beschworenen Geister aus Karlsruhe hatten während unserem Spiel in Pforzheim erstaunlicherweise keine eigene Partie zu bestreiten.
Keine Spiele – nur Verlierer
Die Entwicklung der kurzfristigen und spontanen Spielverlegungen hat für uns eine neue Qualität erreicht. Seit Ende August hat der SSV Reutlingen lediglich ein Pflichtspiel absolviert, was nicht nur für uns Fans erhebliche negative Auswirkungen hat, sondern auch direkten Einfluss auf das sportliche Geschehen nimmt. Im Amateurfußball sind viele Spieler, zumal unter den an der Kreuzeiche immer noch vorherrschenden Bedingungen, gezwungen neben dem Fußball noch anderen Tätigkeiten nachzugehen und werden bei der momentanen Entwicklung immense Probleme haben, die ständig neuen Termine in ihren Betrieben, Ausbildungsstätten etc. begreiflich zu machen. Viele unserer Spieler müssen sich für ihre Spiele extra frei nehmen und/oder andere Termine verschieben. Durch den ständigen und kontinuierlichen Wegfall eigentlich fest eingeplanter Partien fehlt nicht nur die nötige Spielpraxis. Durch die kommenden englischen Wochen kommt auf unser Team eine zusätzliche harte Doppelbelastung zu, wodurch der Spielbetrieb in der Oberliga schlicht unter ungleichen Bedingungen stattfindet. Unsere sportlichen Gegner haben durch die katastrophalen Anstoßzeiten, nicht zuletzt durch eine deutlich geringere Zahl von Gästefans, auf einen Großteil ihrer Einnahmen zu verzichten. In Kombination mit den horrenden Ausgaben zur Wahrung der Sicherheitsauflagen (exemplarisch sei an dieser Stelle an den „Gästekäfig“ in Bissingen verwiesen) und den damit zu erwartenden Minusgeschäften für die gastgebenden Vereine, schadet die Terminierungspolitik des Verbands allen Beteiligten.
Eine Vergangenheit mit Fragezeichen und eine fragwürdige Zukunft
Eine Änderung dieser Verfahrensweise ist freilich nicht in Sicht. Das Viertelfinale im WFV Pokal gegen den FSV Bissingen soll, Stand jetzt, am 1.4.2015 stattfinden. Bereits einen Tag später ist mit dem Auswärtsspiel beim VfR Aalen II die nächste Partie angesetzt. Die letzten Jahre in der Oberliga haben uns gezeigt, dass aufgrund der Platzverhältnisse auf vielen Sportplätzen unserer Liga, viele Spiele – wenn es dann gegen Winter geht – der Witterung zum Opfer fallen. Viele Vereine haben keine Rasenheizung oder die Möglichkeiten ihre Spiele auch unter unwirtlichen Bedingungen auszutragen. Es hat sich eindrücklich gezeigt, dass sich die Winterpause durchaus bis Mitte März ziehen kann. Man kann sich jetzt schon ausmalen, wie voll unser Terminkalender in der Rückrunde sein wird, wenn alle ausgefallenen Spiele nachgeholt werden müssen. Wie soll die Rückrunde bei einem eventuell etwas „härteren“ Winter bestritten werden? Wie stellt sich der Verband das in Zukunft vor? Dazu kommen in dieser Saison Spielverlegungen wegen Spielerabstellungen für den UEFA-Regionenpokal. Gerade unter diesen Umständen ist es für uns untragbar, dass immer mehr Spiele aufgrund des Drucks der realitätsfremden Sicherheitsbehörden verschoben werden. Die von Verbandsseite gezeigte Inkompetenz lässt sich nicht anders als durch blinden Aktionismus erklären. Anders ist es für uns nicht erklärbar, warum derart planlos und mit zweierlei Maß vorgegangen wird.
Wir hoffen mit unserem Boykott auf das Problem der sinnfreien Spielverlegungen aufmerksam machen zu können und den WFV in dieser Hinsicht zu einem Umdenken bewegen zu können. Ein Oberligaspiel werktags um 17 Uhr zu beginnen darf ganz sicher nicht zur Normalität werden. Wir wünschen uns in dieser Hinsicht mehr Unterstützung der einzelnen Vereine, denn es hat niemand einen Vorteil von solchen Spielansetzungen.
SZENE E REUTLINGEN